Berlin - ick liebe dir
- roxaneschneider
- 17. März 2022
- 9 Min. Lesezeit

Es gibt viele Lieder über unsere Hauptstadt. „Du bist so wunderbar Berlin“ – „Berlin du bist hässlich und grau“ und es gibt viele Meinungen über Berlin. Die einen lieben es, die anderen hassen es. Mein Mann und ich sind mehrmals im Jahr in Berlin und viele fragen mich „was macht ihr da eigentlich immer“?
Meine Mama, 70 Jahre alt und nicht so viel in der Weltgeschichte unterwegs wie ich – für sie ist es schon verwunderlich. Letztens musste ich wirklich lachen, als sie sagte „Roxane, was macht ihr denn da eigentlich immer? Geht ihr da in irgendwelche komischen Clubs?“ Sie vermied es „Swingerclub“ zu sagen - und um die Spannung gleich vorweg zu nehmen, nein machen wir nicht und ich war auch noch nie im Kitkat Club. Ob sie mir meine Antwort glaubt, ich bin nicht ganz sicher, aber ich denke schon.
Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich schon in Berlin war, aber jedes Mal habe ich etwas Neues entdeckt. Ich glaube, die meisten kennen die typischen Sehenswürdigkeiten und wenn nicht, dann kann ich diese nur wärmstens empfehlen. Auch wenn ich zu meinem Beschämen sagen muss, dass ich politisch nur mäßig interessiert bin, ist der Bundestag sehr faszinierend. Hier werden unsere Gesetze gemacht. Macht schon Eindruck. Also wer Berlin nicht kennt, sollte unbedingt die typische Touritour machen.
Übrigens bin ich meinen ersten Halbmarathon in Berlin gelaufen, das ist auch ein bisschen wie eine Touritour. Man läuft wirklich an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbei – quasi Sightseeing im Schnelldurchlauf. Man fühlt sich schon besonders, wenn man mit tausenden von Menschen durch das Brandenburger Tor läuft, gerade durch auf die Siegessäule zu. Also wer sich noch nicht getraut hat einen Halbmarathon zu laufen, Berlin ist der beste Ort dafür. Die Zeit vergeht wie im Flug und man merkt die km gar nicht. Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, ein paar C-Promis zu sehen, ich hab damals Peer Kusmagk überholt (falls das kein Name ist, ehemaliger Moderator des Frühstücksfernsehens auf Sat 1 – wird übrigens auch in Berlin gedreht ;)).
Dass Berlin der perfekte Ort zum Shoppen ist, darauf muss ich wohl nicht eingehen.
Worauf ich aber eingehen möchte ist die kulinarische Vielfalt, die Berlin zu bieten hat. Ich liebe ja asiatisches Essen und hier hat (besonders) die Kantstraße eine Menge zu bieten. Mein absoluter Favoritladen ist und bleibt Lon Men. Ein ganz schlichter Laden, an dem man immer anstehen muss. Ich stand schon eine Stunde bei -10 Grad und habe es nicht bereut. Das Personal ist super freundlich und authentisch und die Wand ist geziert von bekannten Persönlichkeiten, die das Essen dort schon genossen haben. So oft wie ich in diesem Laden bin, sollte eigentlich auch ein Foto von mir an der Wand hängen ;). Besonders empfehlen kann ich bei Lon Men übrigens die Udon Suppe und natürlich die Teigtaschen/Dumplings. Einfach ein Traum, wenn man asiatische Küche mag.

Ich möchte auch für die nächsten Läden keine Werbung machen, aber Duc ist für mich, wie die Köche von Lon Men, ein Genie. Dieser Mensch hat mehrere Restaurants auf der Kantstraße und Umgebung und ich weiß nicht, welches ich am besten finde. Ich liebe, ohne Zweifel, seine Pho. Wenn ich in Berlin bin, dann muss mindestens als Snack mal eine Pho drinnen sein.
Ganz chic kann man natürlich im Golden Phoenix dinieren. Dort gibt es Mehrgängemenüs aus Ducs Kreation im 20er Jahre Ambiente. Dieses Restaurant ist in einem Hotel – allerdings habe ich dort noch nicht genächtigt, aber von Freunden gehört, die Zimmer seien sehr stylisch. Die Cocktails an der Bar übrigens auch und vor allem lecker, wenn auch nicht billig. Der ganze Laden ist etwas hochpreisiger, aber jeden Cent wert. Gutes Stichwort beim Golden Phoenix: „20er Jahre“.
Der ein oder andere wird vielleicht die Serie „Babylon Berlin“ kennen, spielt in den 20er Jahren. Ich liebe diese Serie und bin wirklich traurig, dass es noch keine neuen Folgen gibt. Wer es nicht kennt, absolut zu empfehlen. Über diese Serie bin ich auf „Time Travel“ gestoßen. Time Travel bietet Zeitreisen ins alte Berlin an. Mit Zeitreisen meine ich auch wirklich Zeitreisen. Wenn man sich drauf einlässt, kommt man im Berlin der 20er Jahre an. Zum einen ist es an die Serie gekoppelt, zum anderen auch an das echte, alte Berlin. In den 20ern war Berlin die Stadt der Sünde und anderen deutschen Städten wohl ein paar Schritte voraus. Ich würde sagen, vielleicht ist das immer noch so und das ist ausschließlich positiv gemeint. Auf jeden Fall bietet Arne von Time Travel seinen Kunden in einem authentischen 20er Jahre Look Einblicke in das alte Berlin. Man wird an Orte geführt, auf die man sonst nicht gekommen wäre. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass das Soho House bekannt dafür ist, dass die Stars dort nächtigen. Diente übrigens damals als Filmkulisse für Babylon Berlin. Zu viel möchte ich nicht vorweg nehmen. Macht es einfach, man ist zu Fuß und mit der Bahn unterwegs. Eine Sache muss ich dennoch vorweg nehmen, denn wenn man nicht so auf 20er Jahre Geschichte steht, aber auf gute deutsche Küche, muss man zur Letzten Instanz.
Die Letzte Instanz ist das älteste Restaurant Berlins und das habe ich ebenfalls durch Time Travel kennen gelernt. Liegt etwas abseits an einem ruhigen Ort (aber super zu Fuß erreichbar) in Berlin Mitte. Wer keine Lust auf zu Fuß hat, dem kann ich Uber sehr ans Herz legen. Funktioniert einwandfrei in Berlin. Zurück zur Letzten Instanz: es wird typisch deutsche, gutbürgerliche Küche serviert, die Gerichte werden fancy angerichtet und die Kellner sind auch wirklich cool. Apropos Kellner in der Letzten Instanz, da fällt mir noch eine Geschichte ein, die ich kurz erzählen muss. Besonders zum Thema Berliner, damit meine ich die Bürger Berlins.
Also bisher fand ich alle Kellner dort alle nett, aber es gibt auch zwei besonders hübsche Kerlchen, die noch dazu ziemlich lustig sind. Ich habe einen Junggesellinnenabschied für eine Freundin in Berlin organisiert und wir waren in der besagten Letzten Instanz. Ich glaube wir sind auch ziemlich aufgefallen, weil wir als Aliens verkleidet waren und die Braut als Rakete, aber das tut eigentlich nichts zur Sache. Bei unseren Junggesellinnenabschieden muss die jeweilige Braut ein paar Aufgaben erledigen, die zur Belustigung der Allgemeinheit, besonders uns Mädels, dient. Unsere Braut hatte die Aufgabe einen Berliner zu fragen, wie man denn eine Liebeserklärung auf berlinerisch macht. Naja und das hübsche Kerlchen ist Berliner und wie die meisten Berliner auch einfach so gar nicht schüchtern. Seine Antwort: „Du bist ziemlick dufte. Ick würd dick gern ficken.“ Ergänzung: „Wir sind halt sehr direkt.“ Also Ladies, oder auch Männer, wenn das mal einer oder eine zu euch sagt, dann nehmt es einfach als Kompliment und freut euch. Nicht gleich die Augen verdrehen und wenn ihr Single seid und in Berlin unterwegs seid, wisst ihr ja jetzt, was ihr sagen solltet :).
Noch eine kurze Menüempfehlung von mir in der Letzten Instanz, Königsberger Klopse, frisch gezapftes Zwickl vom Fass und zum Nachspülen den Gurkenschnaps. Wenn ihr Glück habt, wird dieser euch mit einem Löffel von der Kellnergranate eingeflößt, wie meiner Freundin. Ich muss dazu sagen, an diesem Tag ist der Schnaps zu Neige gegangen und wir wollten ihn wenigstens mal probieren. Sandra war die Glückliche, die ihn trinken durfte. Die anderen Male als, ich da war, gab es ihn aber wieder.
So, jetzt waren wir schon bei der Berliner Bevölkerung und der offenen, direkten Art. Diese wirkt bei manchen Menschen ein bisschen unfreundlich, aber lasst euch sagen, die Berliner sind eigentlich freundlich und die meinen das nicht so. Die sind nett. Was sie aber vor allem sind, sie sind tolerant und sie sind interessant. Wenn ich durch Berlin gehe, dann sehe ich immer wieder so verrückte (positiv gemeint) Menschen, die sich einfach trauen, neue Modetrends spazieren zu tragen. Sie tragen sie mit Stolz und einer Selbstverständlichkeit, das sollte immer so sein. Da versuche ich jedes Mal zu lernen. Manchmal höre ich mich aber im Berliner Laden sagen: „Echt cool, aber Salzgitter ist noch nicht so weit.“ Naja das kriege ich auch noch hin, dass mir das irgendwann komplett egal ist. Das Ding ist, in Berlin werden die Leute so gelassen, wie sie sind oder sein wollen. Es ist bunt, es ist laut, es ist dreckig und es ist schön und es ist alles gut so wie es ist. Niemand wird komisch angeguckt. Da kann sich so manche Stadt oder so mancher Vorort ein paar Scheiben von abschneiden. Wieso werden Menschen so oft belächelt, wenn sie sich doch augenscheinlich wohl fühlen? Nur weil sie auffälliger sind? Diese Menschen machen doch den Alltag erst interessant, bunt und fröhlich. Lasst uns alle dafür sorgen, dass sich mehr Menschen mehr trauen und zwar nicht nur in Berlin.
Ach ja Berlin hat so viel in so viele Richtungen zu bieten. Etwas außerhalb aber top mit dem Fahrrad zu erreichen, hat es auch viele Grünflächen und Parks und Seen. Eine Radtour in Berlin und Umgebung macht richtig Spaß. Es gibt überall Fahrräder, die man sich leihen kann. Am einfachsten mit einer App. Aber irgendwie geht bestimmt auch der klassische Weg. Wenn man mal aus Berlin raus will, kann ich die Insel der Jugend wärmstens empfehlen. Allein der Name klingt geil, ein bisschen als würde sie einen wieder zu einer Jugendlichen/ einem Jugendlichen verzaubern. Ok- aber das kann dann nicht mal Berlin.
Zurück zum Thema, die Insel ist wirklich süß und direkt davor ist ein richtig schöner Biergarten, nennt sich Zenner, mit Blick auf die Spree. Das Essen ist dort bestimmt auch sehr lecker, steht noch auf meiner To Do Liste (das werde ich Mama gleich mal erzählen, dann weiß sie schon mal, warum ich beim nächsten Mal da bin ;)).

Also wenn man bieraffin ist, ich schätze es ist bereits aufgefallen, dass ich dazu zähle, kann man auch nach Berlin Köpenick rausfahren. Denn dort gibt es, direkt neben einem kleinen Schloss, die kleinste Brauerei der Welt. Dort gibt es unter anderem babylonisches Bier und auch wirklich coole Kellner. Der Laden gehört einer älteren Dame, ihre Schwiegertochter arbeitet dort ebenfalls und noch andere super coole Kellner, die alle sehr gesprächig sind. Es ist wirklich sehr familiär und man fühlt sich ein bisschen wie in einem großen Wohnzimmer, das kein Wohnzimmer ist. Ich bin Fan und immer wieder gerne dort.

So, aber, um noch mal beim Thema Bier zu bleiben, Berlin hat richtig viele eigene Brauereien. Das wissen viele nicht! Die Biere sind wirklich lecker. Eine besonders coole, aus meiner Sicht, herausragende Brauerei ist das BRLO. Das BRLO ist aus alten Containern entstanden und könnte theoretisch jederzeit versetzt werden. Super moderner Laden mit eigenen Merchandise Artikeln. Ich hab mir letztens Socken gekauft, die ich mit Stolz trage. Es gibt eine riesige Tafel mit den verschieden Biersorten und natürlich auch ein Probiertablett (man kann auch eigene Kreationen testen). Ich hab fast alle durch, mein Favorit: das Helle. Ich mag das klassische Ding, aber auch die Berliner Weiße ist ein Träumchen. Letztens haben wir dort auch gegessen. Die Gerichte sind etwas anders aufgebaut als man es kennt, Fleisch ist eher eine Beilage, der Fokus liegt auf dem Gemüse. Bevor die Fleischesser unter euch jetzt die Augen verdrehen, es ist echt lecker. Lasst euch darauf ein! Man kann natürlich auch ordentlich Fleisch bestellen… aber gebt dem Gemüse eine Chance. Es ist nämlich ganz raffiniert zubereitet. Ach ja und ich finde ein Laden lebt auch immer von seinen Kellnern. Die sind dort auch sehr cool und hip. Am besten gefallen bisher hat mir ein schottischer Kellner, der fast nur Englisch spricht. Typischer Schotte, bei dem man einfach grinsen muss.
Was wir auch ganz lange ausprobieren wollten, es aber leider unglaublich schwer ist, einen Tisch zu bekommen, ist, das Borchardt. Bekannt für Promigäste und Schnitzel. Wirklich aufgebaut wie ein Wohnzimmer, aber ein feines Wohnzimmer. Nach mehreren Anläufen haben wir bei unserem letzten Berlinaufenthalt dort einen Tisch bekommen. Eins vorweg, ich habe keine Promis gesehen, obwohl ich auf sowas schon immer ziemlich heiß bin. Fotos mit Gästen sind dort nicht gewünscht. Darauf wird auf der Homepage hingewiesen. Wie auch immer, das Schnitzel ist top und riesengroß. Widererwartend sind die Keller sehr locker drauf und gar nicht etepetete. Ich hatte nämlich ein Gespräch mit dem Barkeeper im Hampton Hotel (Nähe Kantstraße), dieser war nicht so überzeugt vom Borchardt. Cooler Typ, hat mir gleich drei andere Adressen für ein gutes Schnitzel gegeben.
Notiz für Mama: muss noch mal nach Berlin, habe noch drei Schnitzelhäuser offen.
Leider konnte ich ihm nicht mehr sagen, wie ich es fand, weil er schon Feierabend hatte, als ich wieder kam. Aber das Schnitzel war wirklich gut. Hab ihm einen Zettel an der Rezeption da gelassen und hoffe, er ist beim nächsten Aufenthalt wieder da, damit ich mich mit ihm noch mal austauschen kann (das war übrigens ein alter Kölner – der nach Berlin ausgewandert ist, schwierig beides Topstädte – aber zurück zu Berlin).
Übrigens hatte ich meine Eltern auch schon in Berlin dabei. Sie mochten es auch und wenn man etwas Entspanntes machen möchte, wie die beiden, ist eine Schifffahrt sehr zu empfehlen. Geht bei jedem Wetter. Verpflegung an Bord und man sieht diverse Sehenswürdigkeiten vom Wasser aus. Es gibt so viele verschiedene Touren, dass man immer wieder nach Berlin muss. Ich sehe schon, meine Eltern müssen noch mal mit :)! Mit meinen Mädels habe ich natürlich auch schon eine Schiffstour gemacht :).

Ja also mein Fazit zu Berlin, Berlin, ick hab mich einfach verliebt in dir. Das kann man nicht anders sagen. Meiner Meinung nach, ist unsere Hauptstadt immer eine Reise wert und es gibt jedes Mal Neues zu entdecken. Ich finds so dufte da, dass wir sogar unsere standesamtliche Hochzeit dort gefeiert haben.
Macht euch selber ein Bild, urteilt nicht zu schnell, gebt den Leuten (nicht nur in Berlin) eine Chance und lasst euch einfach mal auf was Neues ein. Ich hoffe ich konnte ein bisschen rüberbringen, was mich an dieser Stadt fasziniert.
Ick bin also fast n Berliner. Nix wie hin da :)

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