Schwanger – und das als Partymaus !
- roxaneschneider
- 18. Sept. 2023
- 6 Min. Lesezeit

Schwanger sein ist ein Wunder und wundervoll. Schwanger sein bedeutet auch viele Verbote. Man wird öfters damit konfrontiert, als ich erwartet hatte, und es fällt mir schwer, was ich wiederum erwartet hatte…
Wenn die Leute mich sehen, dann denken sie gleich an Party und Biertasting. Ich muss zugeben, nicht ganz zu unrecht. Seit ich 18 bin, fliege ich jährlich nach Mallorca, jährlich zum Karneval und nehme jede Party mit, die möglich ist. Aber ich habe schon immer gesagt, ich möchte mal ein Kind haben. Einmal dieses Wunder erleben, einmal wissen, wie es sich anfühlt, einem Menschen das Leben zu schenken und für diesen ein Leben lang Verantwortung zu übernehmen.
Aber wie fühlt sich das an, wenn man plötzlich eingeschränkt ist, in dem was man sonst immer tut und was selbstverständlich war?
Fangen wir von vorne an. Aktuell bin ich im sechsten Monat. Ich habe es noch nie zuvor in meinem Leben „drauf ankommen lassen“. Ihr versteht was ich meine. Ich hasse es das sagen zu müssen, aber natürlich beeinflusst einen die böse biologische Uhr. Ich hasse es ja selber, wenn Menschen das sagen. Jetzt muss ich es einmal selber sagen und gleichzeitig entschärfen.
35 ist meiner Meinung nach noch kein brenzliges Alter. Meine Hausärztin sagte mir mal, das biologische Alter der Menschen wird immer jünger, daher müsste diese Grenze korrigiert werden. Solche Aussagen liebe ich. Nichtsdestotrotz dachte ich mir, wenn es jetzt so wäre, dann bin ich bereit – soweit man das sein kann. Außerdem klappt es leider nicht sofort oder gar nicht bei einigen und dann muss man noch Zeit haben, sich über Alternativen Gedanken zu machen. Ich kann für meinen Teil nur sagen, ich glaube es ist nie der richtige Zeitpunkt, wo alles passt. Denn es kommt immer noch das Event, die Chance oder der Urlaub.
Urlaub - richtiges Stichwort. Da wir nie damit gerechnet hätten, dass es beim ersten Versuch klappt, hatten wir eigentlich Kanada gebucht. Die Hotels stornierbar – Flug ist ja immer so eine Sache. Als ich dann den Schwangerschaftsfrühtest machte, konnte ich es kaum glauben. Ich will es gar nicht künstlich in die Länge ziehen.
Wir sind nicht nach Kanada geflogen (Ärzte raten einem von Flugreisen in den ersten drei Monaten ab). Kleine Zwischeninfo, mein Arzt gab mir das schriftlich und Lufthansa hat uns den Flug bis auf eine Bearbeitungsgebühr erstattet.
Aber zurück zur Schwangerschaft. Das ist schon eine krasse Erfahrung, wie ich finde. Also die ersten drei Monate fühlte ich mich völlig neben mir stehend. Vermutlich, weil ich keine Biertastings mehr machen konnte. Spaß bei Seite. Man ist plötzlich schwanger, aber man sieht nichts und man merkt nichts. Außer, dass mir zwischendurch mal schlecht war und ich nicht so einen extremen Appetit hatte wie sonst. Es kamen auf einmal eine Reihe Verbote auf mich zu – keine Rohmilch (wo ist eigentlich Rohmilch drinnen), alles muss durchgebraten sein, kein Thunfisch (ist nicht so gut während der Schwangerschaft) und alles Obst und Gemüse muss extrem gut gewaschen sein (wenn man noch keine Toxoplasmose hatte, was man ja erst im Laufe der Schwangerschaft erfährt).
Was ich am allermeisten unterschätzt habe, der brutalste aller Cocktails, den ich je zu mir genommen habe.
Der Hormoncocktail.
Auf einmal sind sie da, die Hormone und sie rasten aus im Körper und verbreiten sich ohne, dass man sie stoppen kann. Mal war ich super fröhlich und mal haben mich Kleinigkeiten zum heulen gebracht. Völlig verrückt. Also mein bestes Beispiel und hier kommt eindeutig meine Bierliebe durch:
Anstatt nach Kanada zu fliegen, sind wir mit dem Auto nach Italien gefahren – über den Comer See. Ein wunderschöner See – kann ich nur empfehlen.
Zur Story, dort waren wir auch schon mal und es gibt dort eine richtig coole Brauerei. Das war die erste Brauerei, die ich während meiner damals noch sehr frischen Schwangerschaft betreten habe. Es wird Schwangeren davon abgeraten, alkoholfreies Bier zu trinken, weil sich dort immer noch Restalkohol befindet. Wenn Bier, dann nur wenn 0,0 % drauf steht. Gab es in dieser Brauerei natürlich nicht. Mein Mann trank dann ein schönes hazy IPA (frisch gezapft bei 28 Grad) und ich saß da mit meinem Wasser.
Was soll ich sagen?
Das ist einfach Scheiße. Wenn man das irgendwelchen Supermamis erzählt, kommen sie dir mit, „du weißt ja, wofür du es machst“ und „es ist ja nur eine begrenzte Zeit“. Stimmt, weiß ich, deswegen saß ich ja da mit meinem Wasser und ja ist es. 9 Monate sind aber auch nicht eine Woche… und nur weil ich weiß, wofür ich es mache, kann ich es trotzdem Scheiße finden.
Tja und dann sind sie noch da, diese fiesen Hormone, die dich auf einmal zu einem hoch emotionalen Wesen machen.
Als wir die Brauerei verließen, sagte ich unter Tränen zu meinem Mann: „Ich kann das nicht. Ich möchte nicht mehr in Brauereien gehen während der Schwangerschaft.“
Jetzt denken viele, mein Gott stellt die sich an. Ist mir egal, wer auch immer das denkt. Bevor mir gleich irgendein Klugscheißer schreibt, ich sollte dankbar sein, weil viele sich das wünschen und massiv Probleme haben, schwanger zu werden – ich weiß das und ich bin so dankbar wie noch nie. Aber Dankbarkeit schließt nicht aus, dass man Dinge vermisst und das einiges einfach keinen Spaß macht. Das muss auch irgendwer mal aussprechen. Deswegen muss man sich nicht schlecht fühlen.
Natürlich habe ich das Kontrastprogramm, als ich das erste Mal den Herzschlag gesehen haben, von diesem kleinen neuen Menschen, der in mir heranwächst, hatte ich Tränen in den Augen vor Freude. Das ist ein Wunder. Habe ich jedes Mal, wenn ich sie sehe. Letztens war die Hebamme da und hat spontan den Herzschlag über ein Gerät angemacht. Hatte ich auch Freudentränen in den Augen. Ich bin unendlich dankbar für diese Erfahrung und stolz auf meinen Körper, dass er das kann und das leistet. Ich produziere einen Menschen, die Menschen wissen nicht zu 100 Prozent, wie das Hirn funktioniert. Ich produziere eins. Da bin ich stolz drauf.
Also – das eine schließt das andere nicht aus.
Einige Wochen später fand ein Geburtstag einer sehr sehr guten Freundin statt und wir zogen mit vielen Menschen durch die Kneipen Hamburgs. Es gab immerhin in einer Lokalität Holsten 0,0 %. Aber das ist ja ein riesen Defizit in Deutschland – es gibt immer nur alkoholfreies Bier und kein 0,0 %. Wieso ist das so? Falls das jemand weiß, ich wäre sehr dankbar für eine nachvollziehbare Erklärung. Da muss ich Italien, Portugal und Spanien loben, es gibt tatsächlich fast überall 0,0 % Bier (außer in der besagten Brauerei). Deutschland muss aufrüsten.
Aber zurück zur Geburtstagsfeier. Es ist einfach nicht das gleiche, überall eine Schorle zu trinken und ich kann einfach nicht so viel Zuckerwasser trinken. Davon wird mir irgendwann schlecht.
Springender Punkt an diesem Tag war die Runde Mexikaner, die ich für die anderen holte. Da habe ich es richtig vermisst, dass ich nicht mittrinken konnte. Ich finde mit so einem Schnäpschen anstoßen hat auch immer so etwas Gemeinschaftliches – ich vermisse es einfach.
Aber ich verrate euch etwas. Seit dem zweiten Trimester ist es besser, gelegentlich begleite ich Menschen in Brauereien und muss nicht heulen und ich gönne es geliebten Menschen natürlich, Spaß zu haben. Ja - man kann auch ohne Alkohol Spaß haben, aber ich trinke auch einfach so gerne mal ein Bierchen und ein Schnäpschen.
Ich gehe nicht nur feiern, ich gehe auch gerne laufen. Meine Hebamme meinte letztens zu mir, sie würde an meiner Stelle eher auf den Crosser gehen, da Laufen die Gebärmutter und alles was da noch so ist, ohnehin schon sehr belastet. Seit 15 Jahren laufe ich 2-3 die Woche. Auch das ist eine Sache, die ich soo vermisse. Aber ich möchte natürlich keine Inkontinenz riskieren oder Gebärmutterabsenkung und was es da noch alles gibt. Tja – Laufen verboten, saufen verboten.
Wenn man ein Kind haben möchte, muss man durch die Schwangerschaft durch und sie hat auch wahnsinnig schöne Aspekte. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich meine Kleine sehen und mittlerweile auch spüren kann. Ich freue mich schon riesig, wenn sie da ist. Ich freue mich aber auch schon auf massenhaft Sushi, Bier und Mettbrötchen. Ich bin überzeugt, auch wenn ich viel meckere über alles was mir gerade fehlt, hat das nichts mit der Liebe zu meinem Kind zu tun und ich bin unglaublich dankbar für dieses Wunder, was ich erleben darf.

Zum Glück gibt es auch Leckeres, was nicht verboten ist ;)
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