Wahre Männerfreundschaft – angeblich Männersache? Was ihr könnt, können wir schon lange ...
- roxaneschneider
- 7. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
„Das ist echte Männerfreundschaft“ - wer kennt diese Aussage nicht? Letztes Wochenende habe ich mich mit dem Kumpel meines Mannes unterhalten. Wir kamen auf das Thema „Freundschaft“. Die beiden kennen sich seit den Kinderschuhen. Seine Meinung „Wahre Freundschaft gibt es nur unter Männern – die einzige Ausnahme, die ich kenne, bist du Roxy.“
Das hat mich irritiert. Mein Mann hat seine Fünfer Männer Clique und ich habe – überraschenderweise – auch meine Fünfer Mädels Clique. Für mich ist es aber keine Überraschung. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.
Wenn ich aber recht darüber nachdenke, haben – leider, leider – einige Frauen keine „richtig“ guten Freundinnen. Woran liegt das? Liegt es daran, dass wir alle immer ein bisschen Stutenbissig sind? Liegt es daran, dass ich Frauen immer vergleichen und wir immer die Beste sein wollen und nicht damit klar kommen, wenn eine „jünger“, „dünner“, „schlauer“ oder „hübscher“ ist? Sind Männer vielleicht einfach so selbstbewusst, dass sie keinen Vergleich benötigen?
Ich möchte hier ganz bestimmt nicht in Geschlechterrollen denken und ich bin mir sicher, ein guter Freund oder eine gute Freundin, ist oder kann geschlechterunabhängig sein. Freundschaft ist immer etwas ganz besonderes und häufig wird die Wichtigkeit der Freundschaft unterschätzt.
Bereits als Jugendliche ist mir die Wichtigkeit der Freundschaft bewusst geworden. Einen besonders kitschigen aber dennoch sehr wahrer Spruch werde ich wohl nie vergessen: „Fragt die Liebe die Freundschaft: „Wozu bist du eigentlich da?“ Antwortet die Liebe: „Ich bin dazu da um deine Tränen zu trocknen.“ Besonders als Teenager macht man von den vielen zerflossenen Lieben Gebrauch von der Freundschaft. Das sollte man aber nicht vergessen. Nie im Leben und in keinem Alter. Vielleicht fragt man sich, was steht denn an erster Stelle, die Liebe oder die Freundschaft? Aber diese Frage muss man sich doch gar nicht beantworten. Es ist beides wichtig und nur weil man Freundinnen hat, heißt das nicht, dass man seinen Partner weniger liebt und genau so sollte es auch andersrum sein.
Eine Freundschaft sollte nie an einem neuen Partner scheitern. Die beste Freundin wird vernachlässigt weil die große Liebe der anderen einfach wichtiger ist. Niemand verlangt doch, dass die große Liebe zurück gestellt wird aber ein regelmäßiges Zeitfenster für die beste Freundin oder im besten Fall, die besten Freundinnen, sollte doch immer zu finden sein. Irgendwann ist die große Liebe nicht mehr neu, irgendwann ist sie vielleicht dein Mann aber – glaubt einem alten Hasen – es ist auch mal schön einfach nur „Weiber“ um sich zu haben. Ich bin davon überzeugt, das ist ein Segen für jede Ehe. Da fällt mir gleich noch ein kitschiger Spruch ein „Frauen darf man nicht einsperren, sonst hören sie auf zu leuchten.“ Wie wahr. Ich denke übrigens das Gleiche gilt auch für Männer.
Meine Mädels und ich, wir nennen uns übrigens die „5 Pinkladies“, haben regelmäßige Termine. Die werden Ende des Jahres für das nächste Jahr festgelegt. Ich kenne meine Mädels aus dem Studium und wir sind alle völlig unterschiedlich. Aber wir haben uns gegenseitig eine Chance gegeben. Heute lachen wir darüber, wie sehr man doch oft mit Vorurteilen durchs Leben geht. Als ich im zarten Alter von 20 Jahren den Hörsaal betrat, dachte eine meiner heutigen Pinkladies „was ist das für eine Tussi – die ist bestimmt dumm“. Zufällig hatten wir dann aber relativ unser ersten Projekt zusammen und dann auch gleich unser erstes gemeinsames Bier und unsere erste gemeinsame Studentenparty. Die Biere trinken wir 13 Jahre später immer noch gemeinsam, obwohl sie inzwischen 500 km weit entfernt wohnt. Dumm findet sie mich inzwischen nicht mehr und ich hab mich auch daran gewöhnt, dass sie weniger Lidschatten aufträgt als ich. Wir lieben uns… und wir haben keine Vorurteile mehr gegenüber anderen. Jede (r) verdient eine Chance.

Meine längste Freundin kenne ich seit der ersten Klasse. Wir haben so viel zusammen erlebt und standen immer zueinander. Als ich nach dem Abi ein halbes Jahr in Australien war hatten wir regelmäßig Kontakt und obwohl wir nicht das Gleiche studiert haben, haben wir nie aus den Augen verloren und sie ist Teil meiner Studentenclique geworden. Daraus sind die 5 Pinkladies gewachsen. Inzwischen sind wir beide verheiratet und waren die Trauzeugin der jeweils anderen.

Nun frage ich mich, was macht eine Freundschaft aus? In erster Linie denke ich absolute Verschwiegenheit und hundertprozentige Loyalität. Was in diesen Kreisen passiert oder erzählt wird, bleibt in diesen Kreisen. Aber was nie vergessen werden darf, Freundschaft ist genauso eine Beziehung wie eine Liebesbeziehung. Man muss die anderen auch lieben (natürlich anders als seinen Partner) und man muss sich für die andere freuen können. Es ist egal ob die andere 5 kg leichter ist als ich, längere Wimpern hat oder mehr Geld verdient als man selber. Wir Frauen müssen uns nicht vergleichen, jede ist für sich gut so wie sie ist. Wir müssen nur füreinander da sein und uns unterstützen, dann werden wir gemeinsam wachsen und jede kann das Beste für sich rausholen. Ein sehr wichtiger Faktor ist die Zeit. Zeit ist die größte Investition für die Freundschaft. Wir haben das große Glück der heutigen sozialen Medien – meine 5 Pinkladies sind in ganz Deutschland verteilt. Zum Glück wohnen zwei recht nah bei mir. Aber auch bei den anderen weiß ich IMMER wie es ihnen geht. Wir sprechen und schreiben uns nahezu täglich. So verlieren wir uns nie und bei jedem persönlichen Treffen wissen wir, was die andere gerade beschäftigt.
Jetzt kommt mein kitschiger Spruch am Schluss und meine Empfehlung: „Willst du eine gute Freundin haben, musst du eine gute Freundin sein.“ So kann der Kreis der guten und besten Freundinnen immer größer wachsen. Denn es gibt sie, die wahre Frauenfreundschaft – egal welches Geschlecht.
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